Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien steigt
Der aktuelle, jährlich erscheinende Nachhaltigkeitsbericht der RICS zeigt, dass in einigen Bereichen der Immobilienwirtschaft Fortschritte bei der Nachhaltigkeit zu verzeichnen sind, jedoch muss sich das Tempo und die Verbreitung deutlich beschleunigen.
Der RICS Sustainability Report 2022, an dem rund 4.000 Immobilienexperten weltweit und 2.000 aus Europa teilgenommen haben, zeigt, dass im vergangenen Jahr einige Verbesserungen beim Thema Nachhaltigkeit erzielt wurden, insbesondere im Bereich der Gewerbeimmobilien, da die Nachfrage nach umweltfreundlichen Gebäuden weiter steigt.
Die Ergebnisse zeigen jedoch auch, dass es in einigen wichtigen Bereichen in den letzten 12 Monaten kaum oder gar keine Veränderungen gegeben hat. So verzeichnet im Bauwesen ein erheblicher Anteil von 42 % der Befragten sowohl in Europa als auch in Deutschland, dass die Kohlenstoffemissionen von Projekten nicht gemessen werden.
Die Nachfrage nach grünen Gebäuden im Gewerbeimmobiliensektor nimmt generell weiter zu. Bei den Nutzern sehen 52 % der Befragten einen leichten Anstieg der Nachfrage, und knapp ein Viertel (23 %) gibt an, dass das Interesse der Nutzer an grünen bzw. nachhaltigen Gebäuden deutlich gestiegen ist. In Deutschland stieg die Nutzernachfrage nach grünen Immobilien im letzten Jahr nach Angaben von 47% der Befragten leicht und von 31 % deutlich. Im weltweiten Vergleich stellten 45 % der Befragten einen leichten Anstieg der Nachfrage fest, und weitere 10 % gaben an, dass die Nachfrage erheblich gestiegen sei.
Auch der Anstieg der Investorennachfrage ist in Europa stärker ausgeprägt als auf globaler Ebene. Rund 80 % der Befragten in der Region sehen einen Anstieg der Investorennachfrage nach nachhaltigen Immobilien im vergangenen Jahr, wobei 45 % (global: 40 %) einen leichten Anstieg und 35 % (global: 17 %) einen deutlichen Anstieg feststellen. Für Deutschland fällt das Ergebnis noch deutlicher aus. Hier verzeichnen sogar 87 % der Befragten eine stärke Investorennachfrage nach nachhaltigen Immobilien (38 % leichter Anstieg und 49 % Prozent deutlicher Anstieg).
Die europaweit steigende Nachfrage nach nachhaltigen Gebäuden wirkt sich sowohl auf die Mieten als auch auf die Preise aus, wobei ein erheblicher Anteil der Befragten eine Marktprämie für nachhaltige Gebäude sieht und angibt, dass nicht-grüne Immobilien einem „braunen Rabatt“ unterliegen. Bei den Gebäuden, die nicht als grün oder nachhaltig eingestuft werden, stellten 58 % der Befragten einen Mietrückgang fest, und 61 % stellten auch einen Rückgang der Verkaufspreise fest. Damit ist Europa im weltweiten Vergleich führend, denn nur 45 % der Befragten weltweit haben eine Senkung der Mieten und 47 % eine Senkung der Verkaufspreise festgestellt. In Deutschland gaben 57 % der Umfrageteilnehmer an, einen „brauen Mietrabatt“ zu sehen. Bei den Preisen waren es sogar 60 %, die einen Abschlag für nicht-nachhaltige Immobilien feststellten.
Ein weiteres Signal dafür, dass die Branche nachhaltigeren Immobilien mehr Aufmerksamkeit schenkt, ist die Tatsache, dass die Mehrheit der Befragten in Europa (73 %) einen Anstieg der Klimarisikobewertungen von Investoren für ihre Immobilien feststellte (global: 57 %). In Deutschland liegt die Zahl höher als in ganz Europa bei 79 %.
Dies deutet darauf hin, dass Klimathemen jetzt auf der Tagesordnung ganz oben stehen und das Verhalten der wichtigsten Marktteilnehmer beeinflussen könnten.
Die Zahlen zeigen, dass Europa stärkere Fortschritte bei der Nachhaltigkeit der bebauten Umwelt macht, da grüne Gebäude durch den Green Deal der Europäischen Kommission in den Mittelpunkt gerückt werden. Wenn politische Entscheidungsträger in anderen Regionen ihr Augenmerk auf nachhaltige Immobilien richten, wird dies zu Marktverschiebungen in anderen Regionen führen.
Die Umfrageteilnehmer berichten, dass im Bauwesen damit begonnen wird, digitale Werkzeuge und Technologien zur Durchführung von Nachhaltigkeitsanalysen für Bauprojekte zu nutzen, vor allem zur Bewertung des Energiebedarfs und der Kosten. Weniger werden diese Werkzeuge zur Reduzierung des gebundenen Kohlenstoffs oder zur Messung der Auswirkungen auf die biologische Vielfalt genutzt. 42 % der Befragten in Europa und auch in Deutschland gaben an, dass sie bei weniger als der Hälfte oder gar keinem ihrer Projekte digitale Werkzeuge und Verfahren zur Durchführung von Nachhaltigkeitsanalysen einsetzen.
Die Ergebnisse zeigen auch, dass es bei der Messung von Kohlenstoffemissionen noch viel Raum für Verbesserungen gibt. 76 % der Umfrageteilnehmer gaben an, dass sie keine operativen Messungen der Kohlenstoffemissionen bei Projekten vornehmen (global: 72 % / Deutschland: 71 %). 47 % der Befragten äußerten zudem, dass sie den verkörperten Kohlenstoff nicht messen (global: 49 % / Deutschland: 58 %), und selbst von denjenigen, die dies tun, verwenden nur 11 % (global: 16 % / Deutschland: 8 %) diesen Wert, um die Materialien auszuwählen, die sie in ihrem Projekt verwenden.
Bei der Frage nach den Hindernissen für die Verringerung der Kohlenstoffemissionen nannte mehr als die Hälfte der Befragten (54 %) das Fehlen etablierter und verwendeter Normen, Leitlinien und Instrumente als das wichtigste Problem. In Deutschland lag die Zahl bei 53 % der Umfrageteilnehmer. Daneben werden auch die hohen Kosten bzw. die geringe Verfügbarkeit von kohlenstoffarmen Produkten (Europa: 39 % / Deutschland: 47 %) sowie kulturelle Fragen und etablierte Praktiken (Europa: 40 % / Deutschland: 27 %) als Herausforderungen genannt.